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Mittwoch, 1. Oktober 2014

Sorry Freunde, dass ich mich solange nicht mehr gemeldet hab. Das ist nämlich so: es ist unglaublich viel in den letzten Wochen passiert, dass ich das Bloggen immer wieder aufgeschoben hab. Da ich jetzt jedoch mit kratzendem Hals krank in meinem Bett chille, denke ich die Zeit ist adequat für ein paar Updates aus Bolivien.
Also erstmal zu meinem Projekt: vormittags arbeite ich im "Hospital del Nino" bei den damas alemanas. Das ist eine bunte Gruppe von Frauen, die in Bolivien wohnen und irgendwie eine Verbindung zu Deutschland oder der Schweiz haben, sei es durch die Botschaft oder die Konrad-Adenauer-Stiftung. Wir haben ein kleines Büro im Krankenhaus und gehen am Anfang des Tages zuerst durch die verschiedenen Säle, wo wir den Kindern helfen. Diese sind Gastroenterología, Neumología, Pediatría General, Traumatología und Infectología. Hier unterhalten wir uns dann mit den Kindern, schauen wer neu ist und probieren den manchmal echt hilflos aussehenden Praktikanten aus dem Weg zu gehen. Die Fälle, die hier im Krankenhaus sind, würde man oft in Deutschland so nicht sehen. So sind z.B. viele der Kinder unterernährt, werden oft Tage lang allein gelassen und haben darüber hinaus schwere Ausprägungen von Krankheiten, die man mit einer einfachen Vorsoge leicht hätte vermeiden können. Das zerreißt einem schon manchmal das Herz, wenn man die ganzen hilflosen Kinder sieht und vor allem, wenn man weiß wie schlecht die Lage ist und wie wenig Geld die Eltern haben. Diese kommen dann nämlich nachher immer in unser Büro. Dort haben wir zwei große Schränke voller Medikamente, die wir gratis an die Kinder (natürlich nach Rezept) geben. Außerdem bezahlen wir Röntgenuntersuchungen, Tomographien, Operationen... Separat haben wir noch ein Milchprogramm, wo wir Milch an Kinder mit HIV, Down-Syndrom oder starker Unterernerährung ausgeben.
Die Eltern und Kinder sind oft so dankbar für unsere Hilfe, dass z.B. manche ankommen und einen umarmen oder letztens hat ein Vater ein riesiges Küchenhandtuch voller Essen aus seinem Dorf mitgebracht. Darunter waren unendliche Kartoffeln, getrocknetes Schafsfleisch, Chuno (eine Art Kartoffel, die typisch für das Altiplano ist und durch erneutes einfrieren, bzw. eingraben im Boden gemacht wird), ein riesiger runder Altiplanokäse und Bohnen. Obwohl ich nicht genau wusste, was ich mit diesem Festmahl machen sollte, habe ich mich vor allem über den leckeren selbstgemachten Käse gefreut. Heute morgen bekam ich außerdem von einer unserer Patientinnen ein Armband geschenkt, das sie während der Dialyse selbstgemacht hat. Interessanterweise sprechen mich die Eltern, Kinder usw. auch immer mit "doctora", "doctorita" oder "licenciada" an. Hier gelte ich also ohne jegliche Ausbildung also als Ärztin...
Leider ist die Arbeit im Krankenhaus immer nur von 10-12 (ja, ich kann immer ausschlafen), d.h. nachmittags musste ich mir noch eine andere Arbeit suchen. Jetzt bin ich immer in einem Kinderheim für Kinder zwischen 4-15 Jahren. Auch hier gefällt es mir super, meine Mitfreiwilligen sind echt lustig und die Kinder habe ich schon ins Herz geschlossen. Komischerweise ist hier generell die erste Reaktion auf meinen Namen "en Sofía se confía" (Sofia vertraut man). Das liegt daran, dass die bekannteste Hamburger-/Wurstmarke Sofia heißt (ja, ich weiß, was für ein Zufall), aber der Spruch ist ja nicht so schlecht. Mit den Kindern machen wir dann immer Hausaufgaben (was übertrieben anstrengend ist) und nach dem Tee oft noch irgendwelche Aktivitäten. Gestern z.B. haben wir mit einer kleinen Gruppe einen Obstsalat gemacht und an anderen Tagen musizieren wir gemeinsam. Also genauer gesagt wir trommeln (eine weitere Sache, die ich hier gerade lerne), alle in einem anderen Rhythmus.
Sonst war ich am Wochenende mit Brit und Martin in Coroico, einem Dorf in den Yungas, das sehr viel weiter unten als La Paz liegt, aber mit dem Bus in 3 Stunden gut zu erreichen ist. Hier war es auf einmal warm!! In T-Shirt und kurzer Hose sind wir am Samstag dann 700m zum Fluss runter gewandert, durch Büsche, manchmal entlang eines Weges und manchmal auch aus Versehen über Privatgrunstücke. Unten angekommen mit tomatenrotem Kopf haben wir uns dann nach kurzer Abkühlung der Füße im Fluss erstmal an die einzige tienda (Büdchen) weit und breit gesetzt und bei der Mamita ein paar Bier bestellt. Das typische Bier in La Paz wurde ursprünglich anscheinend von Deutschen gebräut und ist deshalb sehr genießbar. Hoch sind wir dann doch wieder mit dem Bus, um dann den ganzen Nachmittag und Teil des Abends in den Hängematten unseres Hostelgartens zu verbringen. Auf der Rückfahrt am nächsten Tag mit einem verrückt um die Kurven düsenden, kokakauenden Busfahrer, einem schreienden Baby und sehr wenig Beinplatz (die Busse hier sind für deutlich kleinere Menschen gemacht, weshalb ich mir auch sehr häufig den Kopf stoße) haben wir dann, als wir wieder im Altiplano angekommen sind, mehrere Llamaherden gesehen. Darüber erfreuten wir uns, während sich die restlichen Bolivianer im Bus sich über unsere Reaktion freuten (für sie ist das natürlich nichts außergewöhnliches).
Gestern hatte dann der Sohn meiner Gastschwester Jannet Geburstag und ist 8 Jahre alt geworden. Auf einmal war dann das Wohnzimmer voll und laut. Und falls ihr es noch nicht wusstet, die bolivianische Geburstagstradition ist in eine übertrieben süße, sahnige Torte zu beißen, damit dann jemand anderes dein ganzes Gesicht in die Torte drückt. Das ist auch nicht so schlimm, die Torten sind nämlich sowieso nicht sonderlich lecker.
Ach ja, ich werde probieren jetzt wieder etwas öfter zu schreiben.

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